Irgendwann war ich sehr verzweifelt. Ich hatte mich bisher immer darauf gestützt, dass die Klinik mich auffangen würde und mir hilft. Doch nach Jahren der Psychotherapie und zahlreichen Klinikaufenthalten, hatte ich auch da die Hoffnung verloren, die Klinik könne mir helfen. Das hat mich in eine noch dunklere suizidale Phase gestürzt. Ich wusste nicht mehr, ob ich diese Phase überleben würde.
Ich schreibe extra „Phase“, denn auch da wusste ich, irgendwann könnte es vorbei gehen. Ich habe das Licht nur nicht mehr gesehen und war völlig überzeugt davon, niemals gesund zu werden. Während ich dies schreibe, bin ich gerade glücklicherweise nicht in diesem starken Todeswunsch gefangen. Ich glaube daher, auch bei Dir kann diese Zeit vorbei gehen.
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Die allgemeinen und meistbekannten Tipps im Umgang mit Suizidalität sind:
- Mit Angehörigen, Freunden oder Ärzt*innen darüber reden und sich anvertrauen.
- Telefonseelsorge anrufen
- Termin mit Psychologen*/Psychiater* vereinbaren
- Wohnraum sicher machen (z.B. Tabletten an Nachbarn/Freund/Angehörigen geben)²
- Vermeidung von Drogen und Alkohol, insb. durch die Tatsache, dass diese sprunghafte Gedanken verstärken können²
- Ablenken, auch durch sehr laute, fast schon schmerzende Musik (z.B. maximale Lautstärke und Bass auf On Ear Kopfhörern)²
² Gehören auch zur sogenannten „Skill-Liste“ bei Borderline-Erkrankten. Zur Skill-Liste wird es auch noch einen eigenen Beitrag geben.
Ich weiß nicht, wie es Dir damit geht. Vielleicht denkst Du auch, dass das alles doch nicht helfen kann. Oder Du hast es schon tausendmal versucht, doch die Suizidgedanken kommen immer wieder.
Ich finde, diese Ansätze sind gut, um kurzfristig zu helfen. Es kann sehr erleichternd sein, sich anderen Menschen anzuvertrauen und zu wissen, dass diese Menschen für Dich da sind. Ich wünsche Dir, dass auch Du solche Erfahrungen machen konntest oder noch kannst, wenn du diesen Schritt wagst und Dich öffnest.
Was ich jedenfalls noch ausprobiert habe oder von anderen Betroffenen gesammelt habe, sind folgende Ideen.
Ein Buch/ eine Website/ einen Podcast über ein Thema veröffentlichen, dass Dich beschäftigt
Mir hilft es sehr, diese Website zu gestalten und eventuell kann ich anderen Menschen damit neue Perspektiven eröffnen. Ich weiß auch, dass dies anderen Menschen ebenfalls geholfen hat. Ein anderer Betroffener hat bspw. eine Selbsthilfegruppe gegründet.
Nun hat nicht jeder Mensch die Möglichkeiten dazu, da es sehr viel Eigeninitiative bedarf, doch gibt es auch noch andere Wege.
Sich engagieren
Dieser Punkt klingt ziemlich ähnlich zum ersten Tipp. Natürlich ist auch diese Website eine Form von Engagement. Jedoch meine ich nochmal etwas anderes. Hier geht es um eine Option, die etwas niedrigschwelliger ist. Es gibt verschiedene Organisationen, bei denen man sich ehrenamtlich einbringen kann. Mir hilft zum Beispiel die Unterstützung von Obdachlosen über eine Organisation. Sicherlich hast Du aber auch schon von vielen anderen Ehrenämtern gehört, denn nicht jede Aufgabe passt zu allen Menschen.
Wenn Dir diese Art von „Verpflichtung“ (die wirklich keine ist, es ist ja schließlich freiwillig) in einer Organisation zu viel ist, kannst Du vielleicht auch unabhängige Unterstützungen leisten. Deinen älteren Nachbarn beim Einkauf helfen oder den Hund einer Bekannten ausführen.
Austausch mit anderen Betroffenen
Man kann im Gespräch mit anderen oft um einiges besser reflektieren. Bei diesem Punkt ist jedoch Vorsicht geboten, denn achte bitte immer auf die Grenzen deines Gegenübers, um keine Trigger anzustoßen!
Oft können andere Betroffene Dich besser verstehen, Dir noch andere Ideen aufzeigen oder Du merkst, dass Du mit Deinem Leid nicht alleine bist.
Andere Entscheidungen treffen
Meiner Meinung nach ist das Wichtigste, die Entscheidung zu treffen, weiterzuleben und sich dazu aufzuraffen. Natürlich ist das nicht einfach, doch gibt es dir die Macht über Dein Leben zurück, da Du nicht mehr in der Schwebe zwischen Existenz und Tod bist. In der Therapie habe ich gelernt, dass Eigenverantwortung sehr viel Kraft schenken kann und das hilft mir auch. Dennoch falle ich gelegentlich in eine Art „Opferrolle“ oder „Selbstbemitleidung“ zurück und in ganz dunklen Zeiten bringt mir die Eigenverantwortung nichts.
Mit „anderen Entscheidungen“ meine ich jedoch noch einen weiteren Gedanken. Wir haben – zwar nicht immer, aber doch meistens – die Möglichkeit und Fähigkeit, etwas in unserem Leben zu verändern, was uns unglücklich macht. In einem anderen Artikel erzähle ich Dir diesbezüglich mehr über meine Erfahrungen.
Einen spirituellen Ansatz finden
Vielen hilft auch die Verbindung zu einer Religion und die Durchführung dieser Rituale. Zum Beispiel wirken auf mich Gebete oder Meditationen beruhigend, die ich mit einem übernatürlichen Sinn (Gott) verknüpfe. Schau einfach, was zu Dir passen könnte und ob Du dich darauf einlassen kannst.
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